Max Dauthendey - Dichter und Maler aus Franken
(Sohn von Carl Albert Dauthendey,
Daguerrotypist, einst Fotograf am russischen Zarenhof und vermutlich erster Fotograf Deutschlands.)
Max Dauthendey, ein berühmter Sohn der Stadt Würzburg im bayerischen Frankenland
Max Dauthendey und Franken (Aufsatz von H. Gerstner in ´ZS-Frankenland`)
Max Dauthendey zum 100. Geburtstag (Aufsatz von H. Gerstner in ´ZS-Frankenland`)
Max Dauthendey - so sah er seine Heimatstadt Würzburg - Auszüge aus Briefen an Freunde
(Auto)biographisches:
Max Dauthendey: Der Geist meines Vaters
Max Dauthendey: Gedankengut aus meinen Wanderjahren 1
Max Dauthendey: Gedankengut aus meinen Wanderjahren 2
"Immer wieder bin ich vom Ausland zu dieser Stadt zurückgekehrt. Ich besaß keine Erde und kein Gut hier, das mich hätte anlocken können, stets wieder von neuem das Mainufer aufzusuchen..." (aus: Der Geist meines Vaters)
Familiengeschichtliches
Herkunft / Stammbaum der Familie Dauthendey
Casparus Dauthendey, ein Urahn - vom Institut Deutsche Presseforschung
Großeltern
"Mein Vater und ich fanden dann im Ermslebener kleinen Friedhof das Grab meiner Großeltern. Es war stark mit Gebüsch überwachsen, und die Marmorplatte war grau und brüchig, aber man konnte die Namen noch gut aus der eingegrabenen Schrift entziffern. Es stand da: Heinrich Salomon Lebrecht Dauthendey, königl. preuß. Aktuar. Gestorben zu Ermsleben am 12. Dezember 1839. Geboren im Jahre 1775. – Seine Frau Dorothee Dauthendey, geborene Happach, geb. im Jahre 1786, gestorben im Jahre 1847. - Dieser Salomon Lebrecht war der Sohn eines Offiziers, welcher als Regimentsauditeur unter Friedrich dem Großen die preußische Armee auf vielen Feldzügen begleitet hatte. Auch seine Brüder waren Offiziere gewesen, und der König hatte einem von ihnen, als Dank für seine Verdienste, ein Gut in Pommern geschenkt." (Geist meines Vaters)
Die Eltern und Geschwister
Carl Dauthendeys erste Frau, Anna Olschwang, Tochter eines Rabbiners aus Hanau, beging später Selbstmord. Erinnerungen aus Carls Zeit in St. Petersburg, wo er am Hof des Zaren die Daguerrotypie einführte:
" Ich habe schon erzählt, daß diese Frau jüdischer Abstammung war, und so kam es, daß öfters ein jüdischer Professor im Hause meines Vaters verkehrte. Dieser war ein eigentümlicher Mann. Er behauptete, daß es blaue und graue Geister gäbe. Doch war dieser Geisterglaube nicht das Eigentümlichste an ihm. Professor Levy besaß ein fabelhaftes Gedächtnis, Er hatte im Auftrag der Kaiserin, die Bibel, die damals nur in griechischer Sprache in Rußland vorhanden war, ins Russische übersetzt. Es war ihm möglich, jede Bibelstelle, nach der man ihn fragte, auswendig herzusagen. Mein Vater und seine Frau vergnügten sich oft stundenlang damit, ein Taschenmesser blindlings zwischen die Seiten der Bibel zu schieben und den Professor nach der Bibelstelle zu fragen, auf welche die Spitze des Messers zufällig deutete. Niemals, sagte mein Vater, sei dem Professor, wenn man ihm Kapitel, Vers und Namen des Prophetenbuches oder der Evangelisten nannte, die betreffende Stelle nicht eingefallen. Professor Levy kam meistens zum Schachspiel in das Haus meines Vaters, welches Spiel mein Vater sowohl wie seine Frau leidenschaftlich liebten."
Die Vorfahren: Dauthendey und St. Petersburg
(Artikel von Olga Gleiser im Stadtmagazin Würzburg spezial)
Mutter von Max Dauthendey: (Carl Dauthendeys zweite Frau aus St. Petersburg)
"Meine Mutter aber sehe ich, obwohl ich ihr Bild kaum noch in der Erinnerung trage – da ich sechs Jahre alt war, als sie starb–, wenn beim Westwind über den Main herüber, an dem ich wohne, die Trompetensignale der sich übenden Trompeter und auch die Trommeln von der Rückseite der Festung herübertönen. - Meine Mutter lag mehrere Sommer lang krank auf einem Gute, das am Nikolausberg, hoch oben am Leutfresserweg, liegt. Da sie in Petersburg, im frischen Norden, geboren war und erst, als sie bald dreißig Jahre alt war, nach Süddeutschland in die Kalkstaubluft Würzburgs kam, begann ihr Kehlkopf bald zu kränkeln, und sie hüstelte fortwährend. Man schickte sie nach Meran, und dazwischen lebte sie mehrere Monate auf jenem Gute draußen vor der Stadt Würzburg, wo am Berg die Luft frischer und gesünder ist als im heißen Maintal unten. Dort verbrachte ich als kleiner Knabe manche Tage bei ihr, und alle Spiele, die ich mit ihr spielte, und alle Stunden, die ich in ihrer Nähe dort zubringen durfte, waren durchhallt von den Übungen der Trompeter, die, über den Kühbachsgrund herüber, vom Morgen bis zum Abend mit Trommelwirbel und Marschsignalen auf dem Festungsberg »Marienberg« die Luft erfüllten."
Vater:
"Beim Anblick des ersten Schnees schwärmte mein Vater in Wintererinnerungen vom Harz, wo er in Aschersleben geboren war und später in Ermsleben zur Schule ging. Leicht verächtlich sprach er von uns verweichlichten Stadtkindern von heute, die den Schnee nur vom Hörensagen kannten, während bei ihnen den ganzen Winter der Schnee meterhoch gelegen und die Knaben damals auf kleinen fußhohen Schlitten, die sie Kurren nannten, an den Abhängen der Berge hinabgesaust waren. - Die erste größere Reise, die ich mit meinem Vater machte, war in den Harz, um mit ihm das Grab seiner Eltern auf dem Ermslebener Friedhof aufzusuchen. Ich war neunzehn Jahre alt, und es war während einiger Oktobertage, daß wir seine alten Heimstätten besuchten. Vom Zuge aus zeigte er mir in Sandersleben ein altes Pfarrhaus, und er war erstaunt und erfreut, daß sich das Haus gar nicht verändert hatte. Dort hatte sein Onkel, der Superintendent Happach, gewohnt, der Bruder seiner Mutter. Meine Großmutter entstammte einer alten Predigerfamilie, und wenn mein Vater von diesen Predigern sprach, vergaß er nie hinzuzufügen, daß ein alter Pastor Happach ein Buch über die Seele und den Scheintod geschrieben habe." - aus: Der Geist meines Vaters.
Carl-Albert Dauthendey Vater des Dichters, Hoffotograf des Zaren von Russland,
(
Sankt Petersburg - Санкт-Петербург) - war erster deutscher Lichtbildner.
Elisabeth Dauthendey (wiki), Halbschwester des Dichters aus erster Ehe seines Vaters,
ebenfalls Schriftstellerin - v. a. als Märchendichterin bekannt:
http://gutenberg.spiegel.de/autor/elisabeth-dauthendey-1741
Walter Roßdeutscher über Elisabeth Dauthendey
Familie Dauthendey während des Deutschen Kriegs 1866 (Bruderkriegs) in Würzburg
Max Dauthendeys frühe Jugendzeit:
"Ich erinnere mich aus meiner ersten Jugendzeit, daß es mir nie richtig klar wurde, ob ich eigentlich nach Rußland oder nach Deutschland gehörte, denn unser ganzer Haushalt war von russischen Einflüssen und Hessischen Sitten immer stark durchsetzt. Alle großen Pesttage wurden nicht gerade doppelt gefeiert, aber doch war immer das Fest russischen Datums, welches zwölf Tage später fällt, eine Art Erinnerungstag bei uns. Wir ließen zu Weihnachten oder beim Osterfest das Später fallende Fest im Gedenken an die vielen Petersburger Verwandten und zu Ehren meiner Petersburger Großmutter nicht unbeachtet vorübergehen. - Auch spielten das Teetrinken und der Samowar in unserem Haus eine große Rolle. Ebenso wurden zur Fastenzeit die russischen Speisen gegessen, Blinis mit russischem Kaviar, der aus Petersburg kam, Pirogen das sind verschiedenartig gefüllte russische Pasteten und die Tschisuppe, eine Weißkohlsuppe, wie sie zur Winterzeit im russischen Volke gebräuchlich ist. Außer den Papyros, den russischen Zigaretten, die mein Vater sich in Petersburg zu rauchen angewöhnt hatte und ohne die er uns undenkbar war, war es vor allem das tägliche Teetrinken, das, weil es damals in Deutschland noch nicht so gebräuchlich war wie jetzt, mich jedesmal nach Rußland versetzte. - Auch die russische Sprache, die mein Vater und meine Mutter vor den Dienstboten sprachen, wenn diese den Inhalt des Gespräches nicht verstehen sollten, wirkte zu meinem Fremdgefühl mit, ebenso das Russischsprechen meiner Stiefschwestern untereinander, welche sich in dieser Sprache in meiner Gegenwart laut ihre Mädchengeheimnisse mitteilen konnten, ohne daß ich den Inhalt begriff dies alles umgab mich nicht russisch sprechenden Deutschen in der Familie mit einer fremden Luft, so daß ich in den ersten Kinderjahren mich nicht so in Deutschland zu Hause fühlte wie meine deutschen Spielkameraden.
Obwohl kein Tropfen russisches Blut in meinen Adern ist, hat es mancher Jahre bedurft, bis ich mir völlig klar wurde, daß nicht Rußland, sondern Deutschland meine Heimat war. Denn man hatte mich, als ich im vierten oder fünften Lebensjahr hier in Würzburg in eine Kinderspielschule geschickt wurde, auch in russische Kleider gesteckt. Ich trug immer Stulpstiefel, weite russische Pluderhosen, darüber einen schräg geknöpften Kittel, der um die Hüften von einem Gurt zusammengezogen wurde. Im Winter war ich in einen langen russischen schwarzen Samtmantel gekleidet; der war mit winzigen Goldknöpfchen schräg auf der Schulter geknöpft, mit Pelz verbrämt, mit dunkelroter Seide gefüttert, und außerdem war der Mantel von einem schmalen gestickten, echten russischen Seidengürtel zusammengehalten. Dazu trug ich eine schwarze Samtmütze mit Pelzbesatz und rotem Seidenfutter." (aus: Der Geist meines Vaters)
Die Dauthendeys in Würzburg Carl Dauthendeys Rückkehr aus Russland mit seiner zweiten Frau und Gründung eines Fotoateliers:
"Der Magistrat von Würzburg machte damals dem Zuzug jedes Fremden einige Schwierigkeiten, und es bedurfte mehrerer Eingaben, bis mein Vater die Genehmigung zum Atelierbau erhielt. Denn der Raum in Würzburg war noch sehr beschränkt. Die Stadt war noch Festung, mit Stadtwällen und mächtigen Stadttoren versehen, die abends geschlossen wurden. Auch die Brückenköpfe der alten Mainbrücke hatten noch Tore, die ebenfalls abends geschlossen wurden. Es war dieses die einzige Brücke, die damals von der Stadt über den Main führte, und das Haus Büttnersgasse Nummer zwei, in welchem ich später geboren wurde, ein altes großes Haus mit französischem Mansardendach, lag nah an der alten Brücke. Wir bewohnten den ersten Stock, welcher sechs Zimmer hatte. - Das Schönste an der Wohnung war ihre wundervolle Aussicht über den Main, über den Festungsberg und die Mainbrücke. Der Fluß durchläuft gerade hier mit starkem Rauschen das Brückenwehr und treibt unterm ersten Brückenbogen das große Rad der städtischen Mühle. Auf der Brücke selbst stehen die überlebensgroßen Rokokosteinbilder von zwölf deutschen Kaisern und Heiligen, auf jedem der sechs Brückenpfeiler zwei Standbilder. Gemütlich, aber weniger schön, war der Blick von unserer Wohnung in die Büttnersgasse, wo viele ehrbare Meister und Handwerker wohnten. Ein Schwertfeger, der Degen, Säbel und Helme arbeitete, war uns gegenüber und stellte im Schaukasten seine Waffen aus. Unten in unserem Hause war das Geschäft eines Trompeten- und Geigenmachers, und in seinem Schaufenster blitzten schöne, blanke messingne Blasinstrumente. Ein Bäcker, ein Glaser, ein Lampenhändler, ein Färber, ein Spielwarenhändler und der Kaufladen unseres Hausherrn an der Brücke, wo Zucker, Kaffee, Stockfische und Käse ihre Gerüche über die Straße verbreiteten, bildeten später ein reiches Feld für meine Kinderbeobachtung...
... Das neue Atelier meines Vaters blühte schnell auf. Er beschrieb uns später noch oft, daß die in der Stadt bei den Professoren weilenden russischen Kranken, die in den ersten Hotels, im »Russischen Hof« und im »Kronprinz«, wohnten, wahre Geldengel gewesen seien. Wenn sie, um ihre Bilder abzuholen, im Wagen vorgefahren kamen, hielten manche von ihnen kleine Körbchen mit Goldstücken gefüllt auf dem Schoß, die sie, ohne sie zu zählen, meinem Vater übergaben, immer hocherfreut und dankbar, daß sie in einer deutschen Stadt mit einem Deutschen ihr geliebtes Russisch sprechen konnten. Auch kannten die Älteren von ihnen noch gut die beiden Ateliers meines Vaters in Petersburg. Der russische Adel war in jener Zeit noch reich und verschwenderisch. Die Verarmung des Adels, die nach der Aufhebung der Leibeigenschaft erst allmählich eintrat, hatte sich damals noch nicht bemerkbar gemacht...
... Im Jahre 1864 war mein Vater nach Würzburg gekommen, 1865 eröffnete er das neue Atelier, und 1866 wurde dieser Bau schon wieder mit Zerstörung bedroht. Denn der Krieg brach mitten im Sommer unvermutet zwischen Bayern und Preußen aus, und die bei Kissingen und Brückenau schnell siegenden Preußen erschienen eines Morgens in Eilmärschen vor der überrumpelten Festung Würzburg, die für einen Krieg fast gar nicht gerichtet war. Außer einigen Reihen aufgestellter Sandsäcke am Mainufer entlang war nicht viel zur Verteidigung getan. Man hatte gerade noch Zeit gehabt, die Stadttore zu schließen, als schon die Pickelhauben der Preußen in Massen auf den umliegenden Höhen vor der Stadt erschienen. Um zwölf Uhr begann die Beschießung von Festung und Stadt vom Nikolausberge her. Bald darauf brannten schon die Dächer der Vorratshäuser auf der Rückseite der Marienburg. Unser Atelier am Main, das wie eine Schießscheibe den Kanonenkugeln der Preußen ausgesetzt war, war von meinem Vater mit Matratzen zum Abhalten der einschlagenden Granaten ausgepolstert worden. Die Familie hatte sich in die Zimmer, die nach der Büttnersgasse lagen, zurückgezogen."
Ein KIndheitserlebnis von Max Dauthendey in der Büttnergasse 2
Würzburg - Büttnergasse 2
(Artikel von Heiner Reitberger in ZS "Frankenland" (Frankenbund)
Weitere Stationen in Würzburg: Würzburg - Kaiserstraße
Das Würzburger Licht
Max Dauthendey - ein paar Gedichte mit Bezug auf Würzburg
Max Dauthendey Haus in Würzburgs Steinbachtal:
Der Max-Dauthendey-Weg im Steinbachtal / Würzburg
Max Dauthendey: Hochzeit mit Annie Johanson aus Schweden
Ehepaar Dauthendey ( von Edvard Munch )
Dauthendeys Waldhaus (Quelle: wikimedia commons)
Max Dauthendey über sein Waldhaus im Guggelesgraben 37
Artikel Waldhaus von Karl Wilhelm in "Frankenland" 1977/155
Korfiz Holm über Max Dauthendeys Schicksalshaus
Max-Dauthendey-Haus aus der Vogelperspektive:
Karte Guggelesgraben 37 © Google Maps®
Max Dauthendey - Ehrungen
Die Stadt Würzburg ehrt ihren berühmten Sohn in Namensgebungen:
Max-Dauthendey-Straße und Max-Dauthendey-Weg,
auch eine Schule trägt seinen Namen
und ein Saal in der Stadtbücherei Würzburg
Gedenktafel am Gutshof "Zur Neuen Welt" zum 50ten Todestag des Dichters
Gedenktafel am Geburtshaus des Dichters, angebracht 1982.
Walter Roßdeutscher zum 75. Todestag des Dichters
MAX-DAUTHENDEY-GESELLSCHAFT
Geschichtliches über die Max-Dauthendey-Gesellschaft von Adalbert Jakob
Walter Roßdeutscher, langjähriger Vorsitzender der Max-Dauthendey-Gesellschaft zum 75. Geburtstag (Laudatio von Dr. Worschech)
Die Max-Dauthendey-Gesellschaft Würzburg pflegte bislang das Andenken an den Würzburger Dichter, hat sich am 13. Mai 2015 aufgelöst. Zum Abschied: Artikel von Walter Roßdeutscher in der Zeitschrift "Frankenland" des Frankenbundes.