Max Dauthendey in Japan

76 Der sonnige Himmel mit Brise in Amazu ist lächelnd wie der Kirschentanz der Mädchen aus der Kirschenwiese. Einmal den Nachtregen regnen hören in Karasaki, dann wird dich im Herzen kein Mißlaut mehr stören. Und endlich der Wildgänse Flug in Katata nachschauen, ist wie die Zukunft heller aufbauen, und du verlierst niemals deiner Liebsten Vertrauen. – So erzählte mir das Weiblein im Mijdera-Teehaus und lachte lustig wie eine Wachtel. Ich wählte zum Dank eine Schachtel ihrer Zuckererbsen aus und dachte noch lange bergab über die acht Schönheiten nach, Die jedem der Biwasee gab wie acht göttliche Launen, und ich wünschte sie alle acht meiner Herzliebsten zum Bestaunen unter ihr Dach. Im Bergkanal zu Ozu Am Fuß des Tempelberges von Mijdera führte ein Fünfmeilenkanal als Tunnel durch den Berg hindurch, vom See Biwa zum Kiototal. Ich fuhr auf einem Boot in den Berg hinein; bei einer Kerze Schein drangen japanische Schiffer mit mir in den finstern Bergbauch ein. Nur der nassen Mauermassen Gefunkel warf Tropfen ins Dunkel, sonst sah man nicht die Hand vor dem Gesicht, wenn man am Bootsende stand Und sich die Kerze am Kiel befand. Mit einer Stange sticht der Schiffer ins Was- ser, auf einer stundenlangen Fahrt, auf der nur das Wasser glucksend spricht, Geht es finster vorwärts in dem unterirdischen Gange, fern von Menschen und Tageslicht. Manchmal erscheint, wie ein Feuerpunkt in der Nacht, Ein begegnendes Boot, beladen mit Warenfracht, und das Bergecho kracht gleich hallenden Schüssen, wenn sich die Bootsleute zurufend grüßen. Wie ein Boot, das der Tod lautlos fährt, durch die Unterwelt, hält der Schiffer die Stange schattengroß und breit und führt wuchtig Stoß um Stoß in die Dunkelheit. Wie ein Gestorbener ohne Macht mußt du hier, fern von Leben und Zeit und Tagesschein, tief unter den Wurzeln der Zedernbäume Wie in einem schmalen Holzsarg sein, bist winzig wenig, bist mächtig allein; und draußen die Welt fährt fort und lebt ohne dich lustig und prächtig.

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