Max Dauthendey - Die Untergangsstunde der Titanic

Es schrie die Lust, dem Tod den Tod zu geben, Es schrie der Glanz, dem vor dem Dunkel graut. Es schrien Stimmen, so wie Tiere brüllen, Wenn sie der Mensch von ihrer Herde reißt. . . Dann sah ich alle Bilder sich verhüllen, Und eine Hand, die mich ins Leben weist, Sie muß des Buches Seiten rasch zerknüllen. Getragen von dem eisigsten der Winde, Noch lange ich auf leeren Wassern flog, Und nicht sogleich ich wieder heimwärts finde. Ein tödlich kalter Atem mit mir zog, Als schmolz das Sterben auch des Eisbergs Rinde. Am Eise hängen sich die Toten fest, Und Haufen Sterbende verröcheln stöhnend. Verschwunden ist des Schiffstitanen Rest. Das Wasser rauscht an jener Stelle tönend, Und nur der Tod hält noch ein wildes Fest. Von Zeit zu Zeit, da tauchten Boote auf. Ich sah noch Männer sich im Wasser raufen. Geschmückte Frauen steuerten der Boote Lauf, Ich höre Schwimmende um mich verschnaufen Dicht bei der Leichen enggedrängtem Hauf. .. Der Morgen kam mit seiner leichten Röte, Als wüßt' er nicht, was hier die Nacht gesehn. Die Welle aber sprach zur Welle weiter: "Töte! Kein Leben soll hier dem Triumph des Todes heut entgehn." Und da und dort versanken dann die menschenvollen Böte. – Fern rotes bald und grünes Licht im Morgendämmern blinkt, – Es sind Laternen eines Dampfers, den zur Nacht gerufen Durch viele Meilen her der Telegraph. Man winkt. In allen Booten aber war es jetzt, als schufen Die beiden Lichter neu den Mut, der schon versinkt. Der Dampfer läßt die Treppen zu den Booten nieder. Man kommt und rettet, wo man retten kann. Doch die Geretteten erkennen nicht sofort das Leben wieder, Und manche zarte Frau, die da im Boot gerudert hatte wie ein Mann, Sieht noch vor sich den Tod durch die erschöpft geschlossenen Lider. Und viele, die man aus den Booten hebt, die schreien wild, Sie wollen nicht vom Grab da unten scheiden. In ihren Augen brennt noch Schreckensbild um Bild, Sie wollen nicht gerettet sein von ihren Leiden, – Es deckte ihre Liebsten zu der ungeheure Meeresschild. Und andere, die sich ergeben in das Todeswerben, Die sich schon ihrem Untergang versöhnt, Sie sehen in dem Tod nicht mehr Verderben – Erlösung von dem Dasein, das nur raubt und stöhnt. Sie wollen nie das Leben mehr betreten, – nur sterben, sterben. Mit dem Geschmack des bittern Meeres noch im Mund

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