Max Dauthendey - Korfiz Holm Artikel

Korfiz Holm: Max Dauthendeys Schicksalshaus Man hat Max Dauthendey, der einer der deutschesten Deutschen war, die man sich denken kann, oft für den Sprößling einer in Deutschland erst zugewanderten Familie angesehen. Besonders häufig traf ich auf die Meinung, die Wiege seines Geschlechts müsse in Schottland gestanden haben. Woraus man dies schließen zu dürfen glaubte, weiß ich nicht; denn Namen, die im Klang an Dauthendey erinnern, sind mir als schottische nicht bekannt geworden, während man ähnliche, wie etwa Hinckeldey und Mackeldey, in mancher Gegend Deutschlands häufig trifft. Kurzum: Buchhändler, die ihrer Bildung etwas Besondres schuldig zu sein meinten, redeten von ihm gern als von «Max Dossendi», wobei das Doppel-S gelispelt wurde, und ich könnte mir in dieser Hinsicht gehemmte Leute denken, die sichs nicht recht getrauten, ein Buch von ihm im Laden zu verlangen, weil sie nicht wußten, wie ihr Lieblingsdichter auszusprechen sei. Nun, für den Absatz mag das der Umstand wettgemacht haben, daß es zu jener Zeit für etwas Feineres galt, ein bißchen von wo anders herzustammen. Max Dauthendey hat seinen Namen immer so gesprochen, wie er geschrieben wird, doch hat auch er zuweilen mit dem Gedanken einer schottischen Abstammung geliebäugelt; daneben aber hielt er eine französische für nicht ganz aus dem Weg. Dies wollte er – und das kennzeichnet seine von der Phantasie genährte Denkart gut – damit begründen, daß in seinem Vaterhaus als Krönungsschmuck der Weihnachtstanne nicht wie sonst üblich ein Stern, sondern ein goldner Hahn gedient hätte. Nüchterner veranlagten Naturen wäre dabei wahrscheinlich der deutsche Kirchturmgockel ins Blickfeld getreten statt des gallischen Chanteclair; auch läßt sich annehmen, daß ein französischer Stamm seinen auf fremden Boden ausgepflanzten Ablegern an Erbgut eher alles andre mitgegeben hätte als grade Christbaumschmuck. Fraglos war schon der älteste Ahnherr seines Namens, von dem Max Dauthendey selbst wußte, und dessen nach einem zeitgenössischen Original kopiertes Bildnis über seinem

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