Max Dauthendey - Korfiz Holm - Würzburg

als Wunder zu bezeichnen bei unserer Verschiedenheit: er immer sanft und fein, voll beinah ängstlicher Rücksicht und Manierlichkeit, ich gern in meiner Rede etwas derb und geradezu; er allezeit der in Gefühlen schwelgende Enthusiast, ich – jedenfalls von außen angeschaut – der Skeptiker, der als ein richtiger Balte seine Ironie und Necklust schwer bezähmen konnte. Zwar spürte ich gar bald, wie leicht verletzlich seine Seele war, und mühte mich, ihm ja nicht weh zu tun, er aber konnte schon darunter leiden, wenn man "Lyriker" zu ihm sagte und dies Attribut auch nur der Tonnuance nach gewissermaßen zwischen Gänsefüßchen setzte. Weil mir das manchmal unterlief, widmete er ein Exemplar seiner in Mexiko gedruckten Miniaturausgabe des Gedichtbuches "Reliquien" ausdrücklich: "Frau Holm (nicht Herrn Holm)". Doch Abbruch tat das unserem Einvernehmen nicht. Obgleich es mir nicht lag, meinem Empfinden Ausdruck zu verleihen, spürte er, wie gut ich es ihm meinte, und wie nah er meinem Herzen stand. Und mußte man ihn denn nicht lieben, wenn man ihn genauer kannte, ja, fast auf den ersten Blick? Seine Erscheinung schon zog jeden unwillkürlich an – er sah so nett, wenn mir das Wort gestattet ist, so "lecker" aus in seiner gepflegten Sauberkeit, daß man schon dadurch gleich gewonnen wurde. Sohn eines Norddeutschen und einer Deutschrussin, hatte ihn der Zufall seiner Geburt in Würzburg und der dort verbrachten jungen Jahre nach seiner Wesensart zum richtigen Unterfranken werden lassen, aber dem Typus nach hätte ihn wohl, wer es nicht besser wußte, eher für einen Inder als für einen Deutschen angesprochen. Sein sanft gerundetes

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