NEUE WELT
Dauthendey und Gutshof Neue Welt der Familie Rostosky:
Mein Vater hatte draußen vor der Stadt im Jahre 1867, um die Zeit, da ich geboren wurde, auf dem Nikolausberge, oben am Leutfresserweg, der eine alte Römerstraße ist, einen im Bau begriffenen Gutshof entdeckt, Da draußen am Berg befanden sich alte Kalköfen und neue Steinbrüche, und ein Steinbruchbesitzer dort baute sich in jenem Jahr an den Bergabhang ein Haus. Dort war damals noch keine Ansiedelung außer dem Kloster bei der Nikolauskapelle. Von jenem Gutshof hat man noch heute eine prachtvolle Aussicht über die Marienburg, über das Maintal und über die Türme der unten am Mainufer liegenden Stadt. Fernhin im Westen sind waldbedeckte Bergrücken, und bei den Spaziergängen über die Steinbrüche fort sieht man von der Höhe den Main eine große Krümmung nach Norden machen, hin zu den uralten Wäldern des Spessarts und zu den fernen, erloschenen Vulkangebirgen der Rhön.
Der Leutfresserweg, der zur Höhe hinaufführt, ist ein Hohlweg, der am Anfang durch Felsenschichten durchgebrochen ist. Der Weg war zur damaligen Zeit romantisch düster. Es wuchsen da in Scharen aus Gesteinwänden neben der gelben Wolfsmilchpflanze schöne weiße Anemonen an langen, feinbehaarten, weißen Stengeln. Aus den Ritzen der immer feuchten Felsenschicht liefen Eidechsen schlank an der senkrechten Wand des Hohlweges empor. Sie erschienen mir immer wie verkleinerte Drachengestalten, wie winzige Abkömmlinge jenes Riesendrachens, der einmal hier gehaust haben soll, dem wahrscheinlich Menschenopfer gebracht wurden, wovon der Name Leutfresserweg heute noch zeugt. Der Nikolausberg, an dessen Fuß jener Weg ansteigt, war in altheidnischer Zeit dem Gott Wotan geweiht, der gegenüberliegende Marienberg der Erdgöttin Hertha, und die Römer hatten dort einen Dianatempel aufgestellt, der jetzt noch, zur Festungskirche umgewandelt, als Rundbau im Festungshof steht.
aus: Der Geist meines Vaters
Schaut ein Haus in das Tal
Mit weißen Mauern,
Menschen gehn dort ein und aus.
Kühe kauern im Stall,
Unter den Linden
Finden Bienen den Honig.
Oft machen die Fenster menschliche Mienen,
Lachen und Sorgen schauen heraus.
Und nichts von all dem wird dauern.
Die Tage lauern und verfliegen,
Welken ab wie die Nelken,
Die vom Altan sich biegen.
Nur Stunden einfältig entstanden,
Da auf zwei Kissen zwei Verliebte sich fanden
Und Aug in Aug sich satt gesehn,
Da bleibt die Uhr unvergänglich stehn.
Gutshof "Zur Neuen Welt"
Gutshof NEUE WELT (Würzburgwiki)
Würzburgs "Neue Welt" - von Walter Roßdeutscher:
Elternhaus der befreundeten Malerin Gertraud Rostosky
Würzburg oberhalb des Hofgutes Neue Welt von Otto Modersohn
An die großen Zeiten dieser ehemaligen Künstlerkolonie erinnert nur noch eine Gedenktafel, die 1968 zum 50. Todestag Dauthendeys angebracht wurde:
"Hier auf ihrem 1867 erbauten Gutshof ´Zur Neuen Welt` schufen zu Ende des 19. und Anfang des 20. JKahrhunderts die Familien Wadenklee, Marie Rostosky, geb. Wadenklee mit ihrer Tochter, der Malerin Gertraud Rostosky, für einen bedeutenden Freundeskreis von Künstlern und Gelehrten eine befruchtende Wohn-und Wirkstätte, welche von dem nachfolgenden Besitzer Franz Wilhelm Langguth großherzzig erweitert wurde. Es lebten und wirkten hier:
Max Dauthendey, Rudolf Virchow, Korfiz Holm, Otto Modersohn, Erich Heckel, Fritz Rhein, Willi Geiger, Anton Kerschbaumer, Bela Czobel, Alfred Kubin, Fritz Baltzer, Leopold von Ubisch."
Der Gutshof befindet sich in Privatbesitz. Doch man kann auch heute noch auf den Spuren Dauthendeys wandeln und genießt von hier aus einen fantastischen Blick über Würzburg.
Max Dauthendey: Das Geisterhaus
Der Gutshof Neue Welt im Leutfresserweg ist auch Hauptschauplatz seines ersten Werkes ´Josa Gerth` und wird dort als PFAUENHOF bezeichnet. Da schildert er den Blick von der Terrasse des Hauses: ´Würzburg, die Festung Marienberg, das Käppele und im Leistengrunde die weißen und roten Mauern und Dächer lagen zum Greife nahe.`
Hier schrieb er auch an seinem Hauptwerk: Die geflügelte Erde