BEGEGNUNGEN und Orte der Begegnung (im Aufbau)
Arnold Villinger, von Dauthendey "Noldy" genannt, und Max verband eine starke, ihn prägende Jugendfreundschaft. Traf er sich doch oft mit Noldy, der in Würzburg Medizin studierte, und die beiden tauschten sich über philosophische Themen aus (Schopenhauer). Noldy, der 1869 in Löffingen geboren wurde, fuhr später als Schiffsarzt zur See und heiratete Jenny Wiesengrund, deren jüdische Vorfahren aus einer Weinhändlerfamilie in Dettelbach am Main stammten. Verwandtschaftliche Beziehungen bestehen mit dem berühmten Philosophen Theodor W. Adorno (W steht für Wiesengrund). Dr. Arnold Villinger, der 1896 auch eine philosophische Schrift verfasst hatte, die panpsychistische Inhalte hatte, die Dauthendey prägten, verstarb 1962 in Hamburg. Dauthendey hat das Gedankengut in seinem "Lied der Weltfestlichkeit verarbeitet:
Aus: Gedankengut Wanderjahre
"Wie ein Volk auch heißt, gleich ist aller
Menschengeist. AllE Völker sind zum
Fest im Geist geboren. Ob in Wäldern
wild verloren, ob in heißen üppigen
Tropenzonen, ob in eisigen Zonen,
schneeigbleichen, überall, wo Menschen
wohnen, leben sie im Geisteszeichen. An
den hohen Erdenpolen dort der letzte
Menschenrest lebt wie du im gleichen
Weltgeistliebesfest. "
Aus: GES. Werke Bd. V
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Siegfried Löwenthal, 1869 in Guttentag, Kreis Oppeln - Juli 1951 in Ramoth Hashavim (Israel),
ein weiterer Jugendfreund, der sehr mit Dauthendey verbunden war, hatte regen Briefwechsel mit ihm und hat mit Noldy zusammen Max während seiner Krankheit betreut. Max Dauthendey hat auch viele Briefe an ihn gerichtet, nicht nur als er wegen seines Genesungsaufenthaltes auf dem Gutshof ZUR NEUEN WELT war:
Würzburg, Neue Welt, 16. Mai 1891:
Ich freue mich, Dir immer wieder sagen zu können, wie wohl ich mich fühle. Kein Rückfall, jeder Tag ein Vorwärtsschreiten. Noldy ist im Kolleg. Ich sitze allein im Zimmer. Ich beneidete Noldy, als er gestern zur Harmonie ging. Ich habe solche Sehnsucht nach guten Büchern. Nun vielleicht bringt mir das die nächste Woche. Das Wetter ist stürmisch und Gewitterwolken treiben am Himmel. Vielleicht mache ich meinen ersten Besuch (am Pfingstfest) in der Stadt. Ich freue mich schon, wenn ich wie der verlorene Sohn wieder heimkomme.
(Anmerkung dazu: Max hatte sich mit seinem sehr strengen Vater überworfen)
Der Bahnhof wurde gestern zum ersten Male elektrisch beleuchtet, die Helle strahlte hoch über den Festungsberg.- Ich gehe mit Vorliebe auf dem Berliner Stadtplan spazieren. Da ist mir immer, als müßte ich Dich in der Koppenstraße am Fenster sehen.
(Anmerkung dazu: Siegfried Löwenthal hatte Würzburg verlassen und ging zum Weiterstudium u. a. nach Berlin) - Eben kommt Noldy - mit ihm Dein erster Gruß aus Berlin.
Würzburg, Neue Welt, 20. Mai 18911
Deinen lieben langen Brief und die Postkarte holte ich heute abend um 6 Uhr vom Examinator. Deine Karte hat mich sehr beruhigt. Ich freue mich jetzt so sehr auf die Wärme Deiner nächsten Briefe. Glaube nicht, daß meine Liebe zu Dir eine krankhafte sei, dieser Glaube wäre mir dieselbe Folter, als ob man mich mit verständigen Sinnen ins Irrenhaus zwingen wollte, denn ich wüßte nie, wie ich es bginnen sollte, Dich von der gesunden Kraft meiner Gefühle zu überzeugen. Dein langer Brief hat uns so ausführlich Deine Pfingsterlebnisse geschildert. Ich habe sie nochmals mit durchlebt. Wie fühlst Du Dich in dem Wirbel, in dem die Weltstadt um Dich kreist? Genieße nur all die herrlichen Dinge, besonders was die Kunst Dir Edles bietet... usw. ...usw....
Würzburg, 22.Mai 1891
MIt Noldy traf ich eben hier am Bahnhof zusammen, er kam vom Kolleg, er ist ebenso glücklich, daß nun endlich Papa überzeugt ist und ich wieder herunterkomme. Wir gehen jetzt noch zum Essen hinauf (Anm.: zur NEUEN WELT), dann packen wir und ziehen heute abend um 6 Uhr mit frohem gesunden Herzen ins alte Heim zurück. Bitte richte die Briefe nun wieder an die alten Adressen. Dies Bild sei mein Abschiedsgruß für Dich. Ich stehe auf der Terrasse und winke DIr nach. Mit dem heutigen Tage, da ich heimkehre, zähle ich mich auch wieder unter die vollständig Gesunden. Und Du darfst meine Hand kräftig schütteln und ich werde Dir frisch ins Auge sehen. Mein wieder lebensfroher Blick sagt Dir nochmals herzinnigen Dank für die Liebe, mit der Du mir durch jene schwere Zeit geholfen. Heute Freitag sind es gerade vier Wochen, nur Euch lieben Freunden verdanke ich es, daß mein Leiden mich nicht noch länger quält.
Viele weitere schwärmerischen Briefe Dauthendeys an seine Jugendfreunde sind bekannt:
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Max Dauthendey hatte in seinem Künstlerdasein viele illustre Begegnungen:
mit der Journalistin Ila Dresel,
mehrere Begegnungen mit dem Schriftsteller und Verleger Korfiz Holm:
Fam. Dauthendey und die "brennenden Betten" von Schloss Mainberg
(damals ein bekannter Künstler-und Literatentreff bei Schweinfurt)
Würzburger Tage mit Max Dauthendey
mit Otto Julius Bierbaum, 1865-1910:
Er schreibt unter dem Pseudonym „Martin Möbius als „Steckbrief“:
Maximilian Dauthendey
Macht die Metrik ganz entzwei,
Reime setzt er vorne dran,
Daß man sie nicht merken kann,
Seiner Verse Katarakt
hat nicht Rhythmus, hat nicht Takt,
kurz, die deutsche Poesie
Purzelbaumt hier, wie noch nie.
Meine Herrschaften! So was ist noch nicht dagewesen! Dieser Mann nimmt ein geschliffenes Crystallglas, steckts in den Mund, zerbeißt es, spuckt die Splitter auf den Tisch und murmelt verklärt: Sehet her und staunet an, ich habe die alte Form überwunden, und eine neue liegt vor euch, die so schön ist, daß Indianer vor Seligkeit darüber weinen müßten!
Es ist kein Wunder, daß dieser Dichter eines seiner Bücher von hinten nach vorne hat drucken lassen, so daß ein naiver Leser seekrank wurde, weil er auch die Worte von rechts nach links las.
Und wer wäre so primitiv, sich darüber zu wundern, daß eines seiner Dramen im Gehirne der Menschen spielt?
Wahrlich, wahrlich ich sage euch: wer sich bei Dauthendey über irgend etwas wundert, ist ein Kalbsgekröse und würdig, daß dieser Dichter sein nächstes Drama in der Zirbeldrüse des Beklagenswerten spielen läßt.
Sämmtliche Setzer, die die Werke Maximilians gesetzt haben, sind in der Blüte ihres Mannesalters tobsüchtig geworden; ein Backsteinkäs, den man in das Drama hineinzuwickeln die Unvorsichtigkeit hatte, wurde ultraviolett und roch plötzlich nach Veilchen.
Maximilian selber aber ist ganz gesund.
Als junger Dichter suchte er in Berlin Anschluss an die dortigen Künstlerkreise.
Max Dauthendey im FRIEDRICHSHAGENER DICHTERKREIS
Bis 1893 hielt er sich im Umfeld des Friedrichshagener Dichterkreises auf und hatte u. a. Kontakte zu Ola Hansson, Laura Marholm und
Richard Dehmel. Von ihm stammt der Begriff „Farbendichter“.
Manche seiner Kontakte, z. B. den mit Stanislaw Przybyszewski hat er in seine Werke eingebaut. (Maja, 1911).
Mit Schriftsteller aus dem Norden Europas befasste er sich besonders.
Die damalige Edward Munch-Ausstellung und Zusammentreffen mit Hugo von Hofmannsthal und August Strindberg sowie die Begegnung mit deren Werken waren für den jungen Dichter prägend.
Stefan George, 1868-1933, sagte einmal über Dauthendeys Gedichte (sie) „seien das einzige, was jetzt in der ganzen Literatur als vollständig Neues dastehe ... eine eigenartige Kunst, die reicher genießen lasse als Musik und Malerei, da sie beides zusammen sei.“
Sehr oft hielt er sich auch in Würzburg in der damaligen Künstlerbegegnungsstätte "NEUE WELT" auf, wo auch regelmäßig viele Prominente verkehrten. Auf einer Gedenktafel am Gutshof findet man folgende Namen erwähnt:
Korfiz Holm, Rudolf Virchow, Otto Modersohn, Erich Heckel, Fritz Rhein, Willi Geiger, Anton Kerschbaumer, Bela Czobel, Alfred Kubin, Fritz Baltzer, Leopold von Ubisch.
Nicht zuletzt sei seine Künstlerfreundin, die
Malerin Gertraud Rostosky erwähnt, deren Mutter ein "offenes Haus" für Künstler pflegte.
An seine Jugendfreundin und zeitweise Geliebte, Gertraud Rostosky
schreibt Dauthendey im Jahr 1903:
Liebe Traudl!
Denke Dir, welche Münchener Gemeinheit ich eben erfahren muß, sie macht mich fast krank vor Wut, Im "Stephanie" erzählt man sich an allen Tischen, daß ich mich in Paris an Männer verkaufe und deshalb immer alle Taschen voll Geld hätte. Ich kann gar nicht begreifen, wer von hier aus so etwas nach Paris schreiben könnte. Annie teilt es mir sehr nervös und zitternd vor Wut über die frechen Münchner Lästermäuler mit. Das ist doch zu gemein, wie die Leute so etwas ausfinden könnten...
...Gemein ist es nur, daß aus der idealen Freundschaft zu meinen früheren Freunden solche frechen Schlüsse gezogen werden dürfen...
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