Max Dauthendey - Gutshof NEUE WELT
wache Mann gerne und hatte die Stadt, die Welt zu seinen Füßen und bildete sich wohl auch ein, die Sorgen im Tal gelassen zu haben. Hier war ihm der Geist meiner Mutter nah. »Vielleicht ist das kleine Rotkehlchen, das dort auf dem Zweig singt, deine Mutter«, sagte er manchmal. »Ach, wenn man das wüßte!« seufzte er, »ob man in anderer Gestalt wiederkehrt. - Aber warum sollten wir nicht als Vögel wiederkehren und als Vögel singend im Himmel leben!« meinte er dann lächelnd. »Die Sorgen wären ja natürlich dieselben, die Sorgen für Nahrung, die Sorgen der Liebessehnsucht und die Sorgen für Nest und Brut, aber es wäre schön, zu fliegen. Das Fliegen lernen die Menschen ja doch nie im Leben«, seufzte er. - Mein Vater hat das Luftschiff und die Flugmaschine nicht mehr erlebt. Der Motorwagen war die letzte Erscheinung in der Reihe der Erfindungen, die ihn zur letzten Begeisterung hinriß. Drüben, am Steinberg entlang, am Main geht ein Schienenstrang, und ich sehe von meines Vaters Bank aus dort einen Schnellzug kleiner als eine dunkle Raupe um die Bergecke kriechen. Auf der Landstraße im Kühbachsgrund am Fuß des Festungsberges jagt zugleich staubaufwirbelnd der Autoomnibus, der einige Landorte mit der Stadt verbindet. In der Ferne lagern, wenn es Abend wird, am Main in den Flußnebeln Reihen von elektrischen Lichtern. Es sind die Lampen eines großen Güterbahnhofes beim Dorf Zell, und dicht dabei liegen die weltberühmten Schnellpressenfabriken von »König & Bauer«. Dort heißt das Maintal »das Paradies«. Und ein uraltes Frauenkloster steht in der Nahe hart am Mainrand. Das Kloster nennt sich »Himmelspforten«. Dem
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