Max Dauthendey - DrMayer - Raubmenschen - Rennewart

191 Mexiko für die Protagonisten als „Schockerfahrung“ 532 erweist. Die folgen- den Ausführungen sollen jedoch zeigen, dass die zentralen Gründe für den Schock der Protagonisten nicht in der Alterität, sondern in der Simularität der amerikanischen und mexikanischen Kultur zu finden sind. Zenk weist zwar darauf hin, dass sich das fiktionale Mexiko aus der europäischen Zivili- sation entwickelt hat, und konstatiert, dass die Europäer die Raubmenschen sind 533 , aber er sieht dennoch eine Trennung zwischen Mexiko und Europa. Die Europäer sind in Mexiko „Raubmenschen“ – Rennewart führt den Begriff auf der Überfahrt ein 534 –, während die Mexikaner friedlich leben wollen. Zenk geht davon aus, dass es die „Raubmenschen“ zunächst nur in Mexiko gibt und diese dann auch in Europa vorkommen. 535 Die zentrale These dieser Interpretation soll dagegen sein, dass sich das textuell konstruierte Nordamerika und Mexiko nur als ein anderes Europa zeigen, in dem alle negativ konnotierten Eigenschaften betont und radikali- siert erscheinen. Bevor das in Bezug auf Mexiko ausführlich analysiert wird, soll der Fokus noch kurz auf New York gerichtet bleiben, wo die Radikalisie- rung an der Technik ablesbar wird: Ich weiß nur, dass ich plötzlich begriff, dass ein mächtiger Kurzschlussbrand entlang der ganzen elektrischen Hochbahn, deren Damm auf der anderen Seite der Straße lag, entstanden war. Elektrische Stichflammen von der Größe riesiger Geisire fuhren wie blendende Strudel dort oben vom Bahndamm in die Lüfte. Zugleich sah ich einen brennenden, menschengefüllten Zug in der Ferne stillstehen; sah die Waggons, aus denen rote und gelbe Brandfeuer und Rauch quollen und Menschen wie Akrobaten sprangen […]. 536 Die hochtechnisierte Stadt funktioniert nicht einwandfrei, sondern es kommt zurKatastrophe, dieRennewart undHannahwiederumschockiert. 537 Der Roman überlädt die Technik in New York und führt diese dadurch ad absurdum. Die Menschen in New York sind der Technik unterworfen, 532 Zur Thematik des Schocks durch das Fremde vgl. Zenk: Forschungsreisen, S. 358. Zenk verweist dazu auch auf Günther: Aufbruch nach Asien, S. 24. 533 Vgl. Zenk: Forschungsreisen, S. 352. 534 Vgl. RM, S. 77. 535 Vgl. ebd. 536 Ebd., S. 70. 537 Vgl. ebd., S. 93. Die Frau Hannah möchte dem „maschinenhaften Dasein“ in Europa und Amerika entkommen. Die Aporien der europäischen Wahrnehmung

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