Max Dauthendey - DrMayer - Raubmenschen - Rennewart

210 einst von den europäischen Fremdlingen, den Spaniern, hier niedergemet- zelt wurde, um Schiffsladungen von Goldbarren dem Lande zu rauben und nach Europa zu schicken.“ 587 5.1.5 Die Produktion des Fremden im Prozess der Ausgrenzung Auch wenn diese Interpretation nicht primär psychologisch verfahren möchte, kann dieses allerdings nicht umgangen werden, da die am Text beschriebene exotistische Konzeption zum Teil durch psychologische Kri- terien funktioniert. Neben dem Primitivismus und dem Sozialdarwinismus stellt die Psychologie den nächstenDiskurs dar, den der Roman aufgreift und für seine Zwecke funktionalisiert. Literarischer Eskapismus erscheint grundlegend nur schwer von der Psy- chologie abzukoppeln zu sein, da die Motivationen für die Flucht in den Texten meistens einem psychischen Ursprung der Figuren entstammen. So setzt Reif bereits Sigmund Freuds Studie Unbehagen in der Kultur in ein Verhältnis zum Eskapismus. 588 Deshalb würde eine psychologische Lektüre des Romans kaum Innovation versprechen, da bereits Reif und auch Zenk in ihren Studien psychologisch argumentieren. Auf Basis der bisherigen Aus- führungen lässt sich mit Hilfe der Psychologie aber eine neue Perspektive auf den Text entwickeln. Dazu sollen die Aspekte Mexiko als radikalisier- tes Europa und der eskapistische Rückgang der Sehnsucht nach Europa auf einer psychologischen Metaebene noch kurz gedeutet werden. Reifs grundlegende These zum Exotismus beziehungsweise zum Eska- pismus – bei ihm verschmelzen die Begriffe – beinhaltet, dass eine ausdif- ferenzierte bürgerliche Gesellschaft als Bedingung für diese Phänomene existiert. 589 Für den Exotismus Anfang des 20. Jahrhunderts bekommt somit die Industrialisierung des 19. Jahrhunderts eine große Bedeutung. Der Eska- pismus benötigt stets eine Basis, von der aus geflüchtet werden soll. Dau- thendeys Roman konzentriert sich dabei auf die Ausdifferenzierung der Gesellschaft und nennt für das Funktionieren dieser Ausdifferenzierung die Bedingung: Verdrängung – die hier ganz im Sinne Freuds verstanden 587 Ebd., S. 108. 588 Vgl. Reif: Zivilisationsflucht, S. 11. Freud schildert besonders die Kulturfeind- lichkeit des Eskapismus, die ihren Grund im „Freiheitsdrang“ hat. 589 Vgl. ebd., S. 10. Die Aporien der europäischen Wahrnehmung

RkJQdWJsaXNoZXIy MjA3NjY=