Max Dauthendey - Korfiz Holm Artikel

Vergangenheit oft ziemlich hilflos gegenübergestanden haben. Denn weder als Dichter noch als Mensch kann er nach der «Tabulatur» gemessen werden. Den Maßstab dafür hat nur das Gefühl, das auch dem Laien zur Verfügung steht. Und darum darf ich wenigstens das Eine sagen, daß ich ihn, zumal als Lyriker, nicht nur für einen der echtesten und größten unter unfern deutschen Dichtern halte, sondern auch für den vielleicht am festesten mit unseren Ursprüngen verknüpften. Es ist da um ihn ein Geheimnis, dessen Schlüssel wahrscheinlich darin liegt, daß sich bei ihm das Schaffen und das Sein vollständig deckten. Ihm hatten Schulweisheit und sogenannte Bildung nicht ihre Brille aufgesetzt und die Schau in die Natur getrübt, doch war er wohlgesittet, feinnervig, von empfindlichem Gemüt und, was damit durchaus nicht stets zusammenfällt, von ungemeiner Rücksicht gegen andre. Insofern hatte die Kultur des Elternhauses und des mainfränkischen Landes ihr Werk an ihm getan, ohne aber die Fäden abzuschneiden, die ihn mit der im Vorzeitdämmer versunknen Menschheitswelt verknüpften. Auf diesen Fäden tanzte seine Phantasie leichtfüßig nach einem verlornen Urväterparadies zurück, davon in seinem Herzen irgendwie ein Traum aus einem abgelebten Sein geblieben war. Sie winkte ihm gebieterisch, und ihm blieb keine Wahl, als ihr zu folgen, so schwer sich ihm auch die Gewichte unsres Heute an die Füße hängten. Da hieß es, Koffer packen, hieß es, sich Bahnen oder Schiffen, Gemächten einer Technik, die ihm im Grund zuwider war, ohnmächtig anvertrauen, hieß es, das Schwierigste von allem meistern, nämlich Geld in seinen Beutel tun. Doch hatte ihn einmal das Ferneweh gepackte dann gab es keine Fessel, die er nicht mit seiner zarten Kraft zerbrach, dann wurde er, der gegenüber Widrigkeiten manchmal fast zaghaft wirkte, waghalsig bis zum äußersten. Wie mancher, der ohne die nötigen Mittel in die weite Fremde zog, ist dort als ein Gestrandeter geblieben und hat die weiße Rasse in den Augen Farbiger zum Gespött gemacht. Dies brauchte er niemals zu fürchten. Davor bewahrte ihn eine Kraft, die Sehnsucht nach der Heimat und seiner blonden Frau aus Schweden hieß, der er im Lauf der

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