Max Dauthendey - Korfiz Holm Artikel

sollte sie eine Gestalt, die eine wunderliche Tarnung des Verfassers darstellt: ein junger Diplomat, der in geheimen Aufträgen die Welt bereist, und dem der Dichter den für die eigne Hin- und Hergeworfenheit zwischen Fernedrang und Heimweh sinnbildlichen Namen «Rennewart» gegeben hat. War nun der Hintergrund des ersten Rennewart-Romans das von Max Dauthendey als mörderisches Barbarenland gesehene Mexiko gewesen, so wollte er wie zur Erholung von dieser Raubmenschenwelt den zweiten inmitten der, wie man damals merkwürdig harmlos annahm, «gefestigten» Kultur Europas spielen lassen. Um ihn zu schreiben, dünkte ihn ein räumlich wie nach den Lebensformen möglichst weiter Abstand vom modernen Wesen unentbehrlich. Denn wen es stark zu etwas zieht, ist meist um Gründe dafür nicht verlegen. Da einer größeren Reise der Geldmangel entgegenstand, beschloß der Dichter, wie schon einmal in seinen ersten Mannesjahren, als ihn vor allem andern die billigen Preise dahin führten, für den Sommer 1910 an die schwedische Westküste zu gehen. Dort in der meerumrauschten granitnen Inselwelt hoffte er unter dem Dach eines hölzernen Fischerhauses mit weißen Fensterstöcken in den blutrot getünchten Wänden seine Erzählung aus der großen Welt Europas gut in Zug zu bringen. Er selber aber – und wer weiß, ob das nicht unbewußte Absicht von ihm war – richtete sich ein Hindernis dagegen auf. Ich spreche hier von unbewußter Absicht, weil ich mir denken kann, daß ihm zu dem geplanten Roman noch einiges fehlte außer dem von ihm so heiß begehrten Blickpunkt von wo anders her. Die Welt der sogenannten Hochzivilisation, die er da schildern wollte, war ihm ja nicht nur äußerlich so gut wie unbekannt, sondern lag ihm auch innerlich viel ferner als die fernste Fremde. Und hier ließ sich durch Phantasie schwerlich so leicht und vollgültig wie dort ersetzen, was ihm an Vertrautheit mit den Dingen abging. Kurzum: er redete mir dringend zu, den Urlaub dieses Sommers mit Frau und Kind dort oben in seiner und seiner Frau Gesellschaft zu verleben. Ich danke ihm noch heute in

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