Max Dauthendey - Mainberg - Korfiz Holm

Da knarrte neben mir ein andrer Stuhl, ich wendete den Kopf: zu meiner Rechten saß ein vierzigjähriger Herr und starrte mir so deutlich staunend ins Gesicht, als wäre ich ein Wundertier. Ich aber fand, daß eigentlich wohl ich mehr Grund zum Staunen hätte. Denn die Erscheinung und vor allem die Gewandung dieses Fremden war nicht alltäglich. Er hatte nichts am Leib als vorne offene Sandalen, eine wie ausgewachsen wirkende Hose aus gelblichem Zwilch, eine Netzjacke und darüber ein hellgraues, kurzes Schoßröckchen, das weit offen stand. Man war dem mächtigen Vollbart, den er trug, dankbar dafür, daß er ihn doch ein bißchen weniger unbekleidet wirken ließ. Dieser Mitmensch also wippte lebhaft mit den gewaltigen großen Zehen auf und nieder, drehte die Daumen und begann: "Sie sind zum erstenmal in Mainberg; nicht, Herr Holm?" "Ja", gab ich kurz zurück. "Da werden Sie sich an so manches erst gewöhnen müssen." "Kommt mir fast auch so vor." Ich gönnte ihm nur einen flüchtigen Seitenblick. "Sie sind, wie ich vernehme, Schriftsteller, Herr Holm?" "J–ja." "Was pflegen Sie denn so zu schreiben?" "Je nachdem, wie es sich trifft." "Was haben Sie denn beispielsweise jetzt zuletzt verfaßt?" "Einen Roman", warf ich gelangweilt hin. "Mit Müllerschen Ideen?" forschte er. "Weiß nicht. Ich kenne die Ideen Doktor Müllers nicht." "So? Also ohne Weltanschauung!" Und er schüttelte mitleidig seine braungebrannte Glatze. Nun muß ich diesen sonderbaren Herrn wohl zu belustigt angesehen haben, denn er verlor auf einmal seine schöne Unbefangenheit. Dies zu verbergen, stand er nun von seinem Stuhle auf, sah eine Weile zögernd in die Luft und sagte dann: "Ich will noch ins Licht-Luftbad. Gehn Sie mit, Herr Holm?" "Danke. Ich seh so schon genug", lehnte ich höflich ab. Der Mann entfernte sich und hat mich hinfort nur aus der Ferne stumm

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