Max Dauthendey - Mainberg - Korfiz Holm
Rüstkammer des Schlosses ihre Urständ als Trinkstüberl feierte. Ein junges Mädchen, das mich recht bacchantisch aussehen machen wollte, hatte sich an der Schloßmauer eine Efeuranke abgepflückt und die als Kranz um meinen Kopf gewunden. Lange nun hielt sich dort oben das Gebilde nicht, die Ranke sank mir auf die Schultern nieder, und ich dachte gar nicht mehr an sie. Und plötzlich zeigte Doktor Müller auf diesen sonderbaren Kragenschmuck und fragte mich: "Was haben Sie denn da?" Ich faßte hin. "Ach so? Sehn Sie denn nicht: die ‹Grünen Blätter› wachsen mir zum Hals heraus!" Es ist mir unvergeßlich, wie es bei diesem schlechten Witz verschiedne "Mainberger" vor Schreck beinah rücklings von den Stühlen warf. Daß einer ihrem "Propheten" so etwas zu bieten wagte, war zuviel für sie. Johannes Müller aber hat aus vollem Hals mit freiester Überlegenheit dazu gelacht und so bewiesen, daß ihm diese Art Prophetentum erfrischend ferne liegt, weil er auf festen Füßen im realen Leben steht. Was ich bisher von den mainberger "Gästen" sagte, könnte aber leicht die falsche Ansicht wecken, es wären dort vor allem Leute hingekommen, deren einziger Reiz in unfreiwilliger Komik lag. Auch dafür, daß dies ganz und gar nicht zutrifft, bekam ich noch am ersten Abend den Beweis. Der luftdurchlässig angezogne Herr, der mich so gründlich ins Gebet nahm, war offenbar schon andern Neulingen mit seiner Wißbegierde störend auf den Leib gerückt. Aus einer Gruppe, die in unserer Nähe stand, streifte mich, während ich seine Ansprachen über mich ergehen ließ, manchmal ein Blick, in dem sich Anteilnahme mit Belustigung zu paaren schien. Kaum hatte sich der Sonderling davongemacht, da löste sich aus diesem Kreise eine junge Frau und schlenderte zu mir herüber. Ich erhob mich, wie es sich gehört, war aber etwas bang, was diese Fremde wieder über meine privaten Angelegenheiten würde wissen wollen. In der Tat: sie fragte mich sogleich: "Sie sind wohl kein Antialkoholist?" "Nein", konnte ich erwidern, "mir genügt's, wenn meine Zigarette alkoholfrei und, was ich trinke, nikotinfrei ist." "So?" nickte sie befriedigt. "Hätten Sie dann Lust, sich uns zu einer kleinen Bowle auf der Mainterrasse anzuschließen? Ein Herr, der morgen abreist, stiftet sie. Es werden lauter nette Leute sein. Vielleicht kommt Doktor Müller auch. Dann sind Sie hier gleich eingewöhnt. Denn das fällt vielen anfangs etwas schwer." Nun, das war eine liebenswürdige Art, einem die mainberger Honneurs zu machen. So sagte ich denn zu und habe es auch nicht bereut. Es wurde ein vergnügter Abend ohne jede Seelenbohrerei; und als wir auseinandergingen, hatte ich ein Dutzend neue, sehr sympathische Bekannte, von denen mir so
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