Max Dauthendey - Die Untergangsstunde der Titanic

Unüberwindlich kam das starke Wort geschwommen, Ein unversinkbar Schiff, das aller Stolz genoß. Zu spät ward seine Maske ihm genommen. Es war der Tod, verkappt, der hin zur Tiefe schoß. Der Tod, in jenes Riesenwort gehüllt, der bleiche, Hat Tausend angelockt, die auf das Wort vertraut. Die Toren trug er hin zu seinem Reiche, Die blind zum Wort "Titanic" aufgeschaut. Der Tod, er lenkte selbst des Steuerrades Speiche. Der Tod, er stellt den Kurs zum Eisberg ein. Der Eisberg, der Titan bei den Titanen, Er soll des Schiffstitanen Henker sein. Es wollte keiner hier des großen Wortes Schwäche ahnen, Es wiegte Stolz an Bord die tausend Ahnungslosen ein. Ich seh' noch festlich aus der Nacht den Schiffsrumpf ragen. Wie Reihen goldener Monde sind die Scheiben Der Fensterluken leuchtend an den Rumpf geschlagen, Und ungeheure Wirbel schweren Rauches treiben Aus den Vulkanen, die den Schiffsleib tragen. Es ist ein prächtig Bild in jenem Buch, das zu mir spricht, Und dessen Zeilen weiter fort zerfliegen. Dann leuchtet fern auf wie Magnesiumlicht Zur Nacht die Helle jenes Eisbergriesen. Sie mahnt wie an ein übersinnliches Gesicht. Und wäre nicht Triumph Schiffsherr gewesen, So wäre nie das Schreckliche geschehn; Auch dieses konnte ich aus jenem Buche lesen. Nie hätte ich des Schiffes Untergang gesehn, Wenn Demut mitgefahren wäre, sie, die von weisem Wesen. So landete der Schall nur von dem Wort "Titanic" überm Meer im Neuyork-Hafen. Der Eistitan, er riß den Schiffstitanen in die Tiefe fort. Des Schiffes Anker niemals Land antrafen, Und nur ein Hilferuf drang zum Bestimmungsort. Schwer wird es mir, der Bilderreihe nachzugehen, Die sich im Wirbel jetzt aus langen Zeilen rollt. Ich möchte für die Untergehenden um Gnade flehen. Ich möchte rufen, daß ihr alle retten sollt, – Doch gar zu schnell des Buches Schrecknisse sich drehen. Nachdem das Schiff mit voller Fahrt gerannt Und ohne Furcht noch Vorsicht mehr zu kennen, Wird jenen Übermütigen am Eisberg bald bekannt, Daß Toren nur ein Menschenwerk frech unvergänglich nennen. Ach, alles Tun der Sterblichen ist an die Sterblichkeit gebannt. Stets in der Ohnmacht muß das Sterbliche verschwinden, Und unvergänglich nenne nie die Menschentat. Dem Starken kann sich stets ein Stärkerer noch finden, Den Triumphierenden meist sein Triumph zertrat.

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