Max Dauthendey - Die Untergangsstunde der Titanic

Und Segen auch verdienten sich noch viele; Auf mancher Todesstunde Lorbeer ruht. Manch' Millionär, der nur des Lebens Spiele Gekannt, steht ab, zu retten sich fein Blut. – Er nimmt die Rettung anderer zum Ziele... Im Abendkleid, dem lang die Schleppe schleift, stehn Damen fröstelnd dichtgedrängt im Dunkel, Den Hals und auch die Brüste wie bereift Von Perlenprunk und Diamantgefunkel – Der Tod auch nach den Edelsteinen greift. Das Licht ist jetzt erloschen in den Räumen, Doch bringt man Kerzen und beleuchtet schnell. Das Wasser steigt, und näher tönt sein Schäumen. Der Kerzenschein erstreckt sich flackernd grell Auf die vom Tod Gezeichneten, die noch vom Leben träumen. Der Kapitän darf stolz die Hoffnung noch nicht sinken sehn. Er muß des Meerpalastes Untergang verneinen, Solange knatternd noch die Funkensprüche übern Ozean gehn, Die sich wie letzte Lebensstrahlen rund um die Todesnot vereinen Und um zwei Männer, die im Telegraphenraum im Wasser stehn. Das Grab nur konnte jene Braven von ihrem Lebensdienst entbinden. Des Schiffes Fühlung mit der Welt, sie schwand mit ihnen schwer. Den Rettungsgürtel um, so funken sie, bis ihre Kräfte schwinden, Bis sie am Telegraphen ablöst stumm das Meer Und sie als letzte Antwort dann den Tod am Apparate finden. Unheimlich wächst das Wasser rund heran, Und manchem kehrt zurück die ferne Seele, Die hochmütig er längst schon abgetan. Doch sitzt Gefahr dem Menschen an der Kehle, Springt leicht der Zweifelnde auch in den Glaubenskahn. Im Speisesaal, wo noch vor einer Stunde Gar festlich die befrackte Herrenschar Den Schaumwein schlürfte und das Lachen in der Runde Aufdringlich dröhnte, blind erhaben der Gefahr, – Da halten Musikanten noch die Instrumente an dem Munde. Und durch die Not klang übers Schiff: "Hin Gott zu dir!" Und manches Auge weinte in dem Prunken Des Saales, der geschmückt mit goldner Zier, Wo Violin und Flöte jetzt noch tönetrunken Zum Frieden wiesen, fern der Lebensgier. Das Schreien aber, das im Schiff sich rührte, Als krachend nun der Rumpf im Kesselraum zerriß Und Taufende zur Meerestiefe führte, Das Schreien sich gar grimmig in mein Herz einbiß, Als war's mein eigen Leben, das ich sterbend spürte. Es schrie die Welt auf, die der Mensch gebaut, Es schrie die Sucht auf jener tausend Leben, Die stolz der Menschen Eitelkeit vertraut.

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